Die Streetfotografie bietet euch viele kreative Möglichkeiten. Ob in Farbe oder Schwarzweiß, mit durchdachter Bildkomposition oder „aus der Hüfte“ fotografiert – die Streetfotografie lebt in erster Linie von den Geschichten, die ihr mit euren Bildern erzählt. Es geht nicht darum, ein technisch perfektes Bild zu fotografieren. Die Streetfotografie dokumentiert das Leben in der Stadt mit all ihren Facetten. Mit eurer Kamera seid ihr zugleich Beobachter und Geschichtenerzähler. Wenn ihr euch für die Streetfotografie interessiert und in diesen Bereich eintauchen möchtet, haben wir hier einige Tipps und Inspirationen für euch.
Tipp 1: Seid aufmerksam und bringt Zeit mit
Wenn ihr das Leben und die Geschichten der City einfangen möchtet, ist es entscheidend, dass ihr euch aufmerksam umseht und die Menschen und Szenen, die ihr wahrnehmt, auf euch wirken lasst. Manchmal hat man, wenn man die Straße entlang schlendert, eine Art Tunnelblick. In der Streetfotografie lohnt es sich, das Gesamtbild um sich herum zu betrachten. Bleibt an belebten Plätzen, an Kreuzungen und in interessanten Stadtvierteln hin und wieder einfach mal stehen und lasst das Treiben auf euch wirken. Blickt auch mal zurück oder schaut hin und wieder nach oben. Manchmal ergeben sich so neue Motive, die ihr sonst vielleicht verpasst hättet.
Tipp 2: Lasst euch inspirieren
Egal ob Einsteiger oder erfahrener Fotograf – es schadet nie, sich immer wieder neu von spannenden Arbeiten anderer Fotograf:innen inspirieren zu lassen. Manchmal sind es Motivideen, die euch neue Impulse geben und interessante Perspektiven eröffnen. Vielleicht entdeckt ihr auch eine Bildbearbeitung, die euch gut gefällt und die ihr vielleicht auch mal für eure eigenen Bilder versuchen möchtet. Es gibt viele hervorragende Streetfotograf:innen, deren Portfolios einen Blick Wert sind. Teilweise werden in manchen Städten auch Photowalks angeboten, an denen ihr teilnehmen und euch mit anderen Streetfotografie-Begeisterten austauschen könnt.
Tipp 3: Bildkompositionsregeln sind hilfreich, aber kein Muss
Wenn ihr in die Fotografie einsteigt, ist es eine gute Idee, euch zu Beginn mit einigen Regeln der Bildkomposition auseinanderzusetzen. Das hilft euch dabei, eure Fotografie recht schnell zu verbessern. Das können Regeln wie der Goldene Schnitt sein oder auch Tipps zur Linienführung. Wir haben euch hier mal unsere Tipps für gelungene Bildkompositionen verlinkt. Das Schöne an der Streetfotografie ist aber, dass diese Regeln zwar hilfreich sind, aber nicht zwingend angewendet werden müssen. Wie im Einstieg schon erwähnt, steht in diesem Bereich der Fotografie die Geschichte eines Bildes im Vordergrund. Wenn das Bild also mal schief fotografiert ist, Menschen angeschnitten sind oder die Schärfe nicht einhundertprozentig passt, ist das noch lange kein Grund, das Bild auszusortieren. Wenn es eine Geschichte erzählt und beim Betrachter eine Stimmung oder eine Emotion auslöst, kann selbst ein technisch nicht perfektes Bild eine größere Wirkung haben als eines, das alle Regeln befolgt.
Tipp 4: Es ist völlig normal, wenn viel Ausschuss dabei ist
Auch wenn ihr vielleicht schon viele beeindruckende Streetaufnahmen gesehen habt, könnt ihr ziemlich sicher sein, dass auch bei anderen Fotograf:innen nicht jedes Bild ein Treffer ist. Gerade bei der Street- und Reportagefotografie sind die Motive nicht gestellt. Es geht um Situationen, die sich (nicht immer, aber häufig) spontan ergeben und die nicht selten auch in der Bewegung aufgenommen werden. Es kann auch sein, dass das Licht in dem Augenblick nicht optimal ist. Es ist daher völlig normal, dass ihr nach eurer Tour durch die City vermutlich den größten Teil der aufgenommenen Bilder wieder aussortieren werdet. Selbst wenn nur ein Handvoll Bilder dabei ist, die euch durch ihre Aussage und Wirkung richtig gut gefällt, war die Tour ein Erfolg. Ganz wichtig dabei: Übung macht den Meister. Um besser zu werden und Aufnahme-Situationen vielleicht anders oder schneller wahrzunehmen, können wir euch nur empfehlen, immer wieder aufs Neue mit der Kamera loszuziehen. Ihr werdet merken, wie die Ergebnisse mit der Zeit immer besser und kreativer werden.
Tipp 5: Belasst es bei einer Kamera und einem Objektiv

Wenn ihr das Leben der City aufsaugen und in Bildergeschichten erzählen möchtet, dann klappt das am besten, wenn eure Gedanken beim Motiv sind und nicht beim Equipment. Wir empfehlen euch, die Ausrüstung klein zu halten und euch neben der Kamera für nur ein Objektiv zu entscheiden. Viele Streetfotograf:innen greifen am liebsten zu einer Festbrennweite zwischen 24 und 50 mm äquivalent zum Kleinbildformat. Vor allem 35 mm eröffnen euch als typische Reportage-Brennweite einen guten Kompromiss für Architekturaufnahmen, Bildern von belebten Plätzen und Porträts.
Natürlich könnt ihr für die Streetfotografie auch ein Kit-Zoom oder ein anderes Standardzoom auf die Kamera setzen. Nicht jeder hat eine Festbrennweite zu Hause. Falls ihr euch aber ausgiebiger mit der Streetfotografie beschäftigen möchtet, können wir den Griff zur Festbrennweite sehr empfehlen. Durch die feste Brennweite seid ihr mehr gefordert, müsst euch mehr bewegen und entdeckt dadurch teilweise neue Perspektiven.
Noch ein Tipp zur Kamera: Grundsätzlich könnt ihr natürlich mit jeder Kamera losziehen. Wenn ihr aber zum Beispiel häufiger Menschen fotografieren möchtet, dann wirken kleinere Kameras, wie zum Beispiel die kompakte Ricoh GR III oder kleine spiegellose Systemkameras, wie solche aus Fujifilms X-Serie oder aus dem Micro Four Thirds-System von Panasonic und Olympus (jetzt OM-System), weniger aufdringlich.
Tipp 6: Seid freundlich und akzeptiert ein Nein
Wenn ihr Menschen mit aufs Bild nehmen möchtet, bleibt stets freundlich, sagt danke und akzeptiert es, wenn jemand nicht fotografiert werden will. Grundsätzlich gebietet es die Höflichkeit und der Respekt, dass ihr Personen nicht einfach die Kamera vor das Gesicht haltet, sondern vorher nachfragt, ob ihr das Bild machen dürft. Bei großen Plätzen mit vielen Menschen, Versammlungen und Ähnlichem ist das etwas anderes. Wenn ihr aber eine Person als Hauptmotiv ins Bild rückt, solltet ihr auf jeden Fall vorher um Erlaubnis bitten. Um Vertrauen zu schaffen, könnt ihr der Person oder den Personen im Bild, die Aufnahme im Anschluss auch zeigen und anbieten, das Foto später per E-Mail zu schicken. Ihr solltet auch vermeiden, Kinder ungefragt zu fotografieren oder Randständige in kompromittierenden Situationen abzulichten. Ein respektvoller Umgang ist mit Menschen, auch in der Streetfotografie, das A und O.
Tipp 7: Harte Kontraste und Linien für eine spannende Bildgestaltung
In der Streetfotografie wird gerne mit Kontrasten gearbeitet. Das können Hell-Dunkel-Kontraste aus hartem Licht und tiefen Schatten sein, oder auch farbliche Kontraste. Vor allem beim Thema Licht und Schatten könnt ihr sehr kreativ sein. Während ihr bei klassischen Porträts und Landschaftsaufnahmen starke Helligkeitsunterschiede (nicht immer, aber meistens) eher vermeiden werdet, können diese harten Kontraste einer Streetaufnahme einen sehr künstlerischen Aspekt verleihen. Vor allem, wenn ihr plant, eure Bilder in Schwarzweiß umzuwandeln, wirken solche Kontraste oft noch mal spannender als in einer Farbaufnahme.

Ein gerne verwendetes Mittel der Bildgestaltung ist auch der gezielte Einsatz von Linien im Bild. Linien können ein Foto räumlich aufteilen, das Auge des Betrachters in ein Bild hineinleiten oder für spannende Muster sorgen.
Tipp 8: Hilfreiche Kameraeinstellungen
Falls ihr euch zum Start in die Streetfotografie unsicher sein solltet, wie ihr die Kamera am besten einstellt, haben wir hier ein paar Tipps für euch. Bringt ihr schon Erfahrung in der Fotografie mit und fotografiert ohnehin meistens im manuellen Modus „M“, dann empfehlen wir euch als Basis eine Verschlusszeit um eine 1/250 Sekunde, um leichte Bewegungen noch scharf einzufangen, und eine Blende zwischen f/5,6 und f/8. Bei der Wahl der Blende hängt es natürlich immer etwas davon ab, was ihr fotografieren möchtet. Habt ihr wenig Licht auf Aufnahmeort, kann es sich anbieten, die Blende weiter zu öffnen. Das ist auch der Fall, wenn ihr ein Motiv vor einem unscharfen Hintergrund freistellen möchtet. Da die Streetfotografie aber eher an die Reportagefotografie angelehnt ist, wird hier häufiger mit eher scharf abgebildeten Hintergründen gearbeitet, um den Ort des Geschehens bewusst mit ins Bild einzubauen. Deshalb wird tendenziell eher mit einer mittleren oder geschlossenen Blende gearbeitet.
Um schnell auf spontane Aufnahmesituationen reagieren zu können, ist es, auch wenn im M-Modus gearbeitet wird, hilfreich, wenn ihr die ISO-Empfindlichkeit auf Automatik stellt. Für einen größtmöglichen Spielraum in der Nachbearbeitung speichert ihr die Aufnahmen am besten im RAW-Format. Solltet ihr die Bilder später in Schwarzweiß umwandeln wollen, empfehlen wir euch, auch wenn ihr im RAW-Modus fotografiert, den Bildstil eurer Kamera auf „Monochrom“ oder „Schwarzweiß“ einzustellen – je nachdem, wie der Modus im Kameramenü genannt wird. Dann wird die Vorschau am Kameramonitor direkt in Schwarzweiß angezeigt, um vorab kontrollieren zu können, wie die Aufnahme später nach der Umwandlung in Schwarzweiß in etwa aussehen wird.
Für Fotografie-Einsteiger empfehlen wir den Belichtungsmodus mit Verschlusszeitenpriorität „S“. Da ihr in der Streetfotografie häufig in Bewegung seid, ist es zu Beginn einfacher, wenn ihr die Verschlusszeit selbst einstellt, zum Beispiel auf eine 1/250 Sekunde, und den Rest, also die Blende und die ISO-Empfindlichkeit, der Kamera überlasst. Dann seid ihr zumindest für die meisten Situationen auf der sicheren Seite, dass die Bilder scharf werden. Grundsätzlich empfehlen auch Einsteigern, im RAW-Modus zu fotografieren, um später noch möglichst viel Spielraum bei der Bearbeitung zu haben. Falls ihr aber nicht unbedingt jedes Bild bearbeiten möchtet, könnt ihr in der Kamera RAW + JPEG einstellen. Dann habt ihr jedes Bild auch als JPEG. Im Schwarzweißmodus wird das JPEG dann auch in Schwarzweiß gespeichert.