Für abstrakte Architekturfotos gibt es keine Patentlösung. Zwar können spezielle Objektive ihren Teil zu gelungenen Aufnahmen beitragen. Doch in erster Linie braucht ihr ein interessantes Gebäude und die Fähigkeit, Linien, Formen und Perspektiven zu erkennen. Linien und Formen sind das wahre Motiv, nicht die Gebäude an sich. So kann auch aus einem banalen Motiv durchaus ein attraktives Bild entstehen, etwa aus einer Reihe von Fenstern in einem Hochhaus. Denn in der abstrakten Fotografie bestimmt nicht das Motiv das Ergebnis, sondern die Art und Weise, wie ihr es festhaltet.
Doch wie können wir unser Auge trainieren, schöne Details zu erkennen? Hier sind Wechselobjektive von enormem Vorteil. Eine 50-mm-Festbrennweite gibt es für jedes Systemkameramodell. Es lohnt sich auch, zusätzlich ein Weitwinkelzoom mit 10 bis 14 mm Anfangsbrennweite und ein Telezoom mit 70-200 mm oder 70-300 mm einzupacken. Unterschiedliche Brennweiten sorgen für verschieden große Blickwinkel – und ändern damit auch die Perspektive auf nahe und entfernte Objekte. In der klassischen Architekturfotografie versucht man, konvergierende, also stürzende Linien zu vermeiden. Dieser Ansatz entfällt bei abstrakten Bildern, für die ihr beispielsweise mit einem Weitwinkelzoom nach oben fotografiert. Mit dem Telezoom-Objektiv wiederum könnt ihr entfernte Objekte näher heranholen und interessante Details isolieren, wodurch das Gefühl für Größe und Relation verschwindet. Die einfachste Komposition ist übrigens häufig die beste. Ein Foto eines einzigen Details kann Wunder wirken.

Im Folgenden möchten wir euch ein paar Tipps für die Kameraeinstellungen mit auf den Weg geben.
Tipp 1: Weit öffnen!

Bei der Suche nach einer übertriebenen Perspektive benötigt ihr eine möglichst kleine Brennweite. An Vollformatkameras ist ein Zoom mit 14–24 oder 16-35 mm ausreichend, für APS-C-Kameras empfiehlt sich ein Ultraweitwinkel- Zoom mit 10 mm Anfangsbrennweite.
Tipp 2: Schärfe und Schärfentiefe
Weitwinkel-Aufnahmen wirken am besten, wenn ihr nah an die Objekte im Vordergrund herangeht, um sie stark verzerrt abzubilden. Eine kleine Blendenöffnung mit einem Blendenwert f/11 reicht häufig aus, um den gesamten Bereich vom Vorder- bis zum Hintergrund scharf abzubilden. Die für solch abstrakte Architekturmotive erwünschte hohe Schärfentiefe hat ihren Preis. Denn je kleiner die Blende, sprich je höher die Blendenzahl, umso größer wird die Gefahr von Beugungseffekten, die zu Unschärfe führen. Eine Blende von f/11 ist deshalb ein guter Kompromiss. Da die optimale Blende aber letztendlich mit dem Objektiv und der Sensorgröße eurer Kamera zusammenhängt, empfehlen wir euch zu Beginn ein Blendenreihe, um den optimalen Blendenwert zu ermitteln.
Tipp 3: Festbrennweiten
Neben übertriebenen Abbildungseffekten gibt es in der Architekturfotografie noch den präzisen, eher klinischen Ansatz. Ein Objektiv mit einer festen Brennweite, etwa ein gängiges 50 Millimeter, zeigt normalerweise deutlich weniger Verzerrung und ermöglicht gerade Linien und rechte Winkel.

Tipp 4: Wasserwaage
Bei vielen Kameras lässt sich auf dem LCD ein virtueller Horizont einblenden. Der ist sehr hilfreich, wenn es auf gerade Linien ankommt. Häufig werden auch Neigungen nach oben/unten angezeigt.
Tipp 5: Dutch-Tilt
Als spezielle Form der Abstraktion bietet sich der Verzicht auf gerade Linien an. Hier wird die Kamera bei der Aufnahme zur Seite geneigt. Diese Technik wird in der Fotografie schon seit Ewigkeiten angewandt und ist als „Dutch-Tilt“ bekannt. Bei Architekturfotos funktioniert sie besonders gut.
