Mit ND-Filtern zu spektakulären Bildern

Bild: Rollei

So mancher denkt bei Filtern erst mal: Bloß nicht noch mehr Zubehör! Klar werden Fototaschen und -rucksäcke noch eine Spur voller. Dafür locken viele faszinierende Fotos, denn die gläsernen Schraub- und Steckfilter erlauben uns, ein gutes Bild in ein spektakuläres zu verwandeln – vor allem in der Landschaftsfotografie. Wir zeigen euch, wie ND-Filter funktionieren und wie ihr die Objektivvorsätze perfekt einsetzt.

ND-Filter für jede Gelegenheit

Neutraldichtefilter, kurz ND-Filter genannt, bekommt ihr in unterschiedlichen Stärken. Sie ermöglichen längere Belichtungszeiten und sind somit ideal, um das Wasser eines Sees glatt oder einen Wasserfall als Schleier abzubilden. Durch die verschiedenen Stärken könnt ihr selber den Verlängerungsfaktor wählen, der gerade am besten zur Landschaft eurer Wahl passt. Je höher die Dichte, desto weniger Licht kommt durch. Zum Beispiel könnt ihr mit einem ND8 euer Bild um drei Blendenschritte länger belichten, mit einem ND64 um sechs und mit einem ND1000 sogar um zehn Schritte. Zudem gibt es auch ND-Filter mit einem Verlauf. Das heißt, dass der obere Teil abgedunkelt ist und der Filter nach unten hin immer klarer wird. Dadurch könnt ihr für ein homogenes Foto einen helleren Himmel an eine dunklere Landschaft angleichen.

Diverse Übergänge

ND-Filter mit hartem Verlauf.

Die Übergänge bei einem Verlaufsfilter zwischen abgedunkeltem und klarem Bereich gibt es in drei verschiedenen Varianten. Harte Übergänge benutzt man vor allem an der Küste, wo ein gerader Horizont Himmel und Meer voneinander trennt. Mittlere Übergänge hingegen lohnen sich bei Landschaften, in denen am Horizont Bäume oder kleine Hügel zu sehen sind, während sehr weiche Übergänge sich am besten für Motive mit Bergen eignen. Das heißt nicht, dass ihr jetzt jeden Filter in drei unterschiedlichen Ausführungen braucht. Ein Set von drei ND8-Verlaufsfiltern mit jeweils einer anderen Verlaufsstärke reicht für die meisten Motive.

Ausgeglichene Belichtung mit Verlaufsfiltern

Bild: Rollei

Für eine ausgeglichene Belichtung müsst ihr erst ermitteln, wie groß der Helligkeitsunterschied zwischen Himmel und Landschaft ist. Stellt als Erstes eure Kamera manuell so ein, dass die Landschaft korrekt belichtet wird. Anschließend messt ihr die Belichtung auf den Himmel. Durch die vorherige manuelle Einstellung der Belichtung zeigt euch der Belichtungsmesser nun über die Plus/Minus-Anzeige auf dem Display und im Sucher an, um wie viele Blendenschritte der Himmel heller ist als die Landschaft (zum Beispiel drei Blendenschritte). Entsprechend wählt ihr dann den passenden Filter aus, um den Helligkeitsunterschied zu kompensieren.

Umgekehrte ND-Filter

Neben dem vollflächigen und dem Verlaufsfilter gibt es noch eine weitere Variante: umgekehrte ND-Filter. Sie sind speziell für die Situation konzipiert, in der die Sonne beim Untergehen kurz über dem Horizont steht. Die Glasplatte sieht dabei wie ein Verlaufsfilter aus, nur dass der Verlauf in der Mitte viel dunkler ist als zum Rand hin – also genau da, wo die Sonne beim Unter- oder Aufgehen steht. Wie so ein Filter aussieht, seht ihr weiter oben.

Für Bilder bei tiefstehender Sonne eignet sich ein umgekehrter ND-Verlaufsfilter, um gezielt hauptsächlich den Horizont abzudunkeln.

Schraub- und Steckfilter

Vollflächig abgedunkelte ND-Filter könnt ihr sowohl als Schraub- als auch in der Steckvariante kaufen. Abgesehen von der Montage am Objektiv unterscheiden sich diese beiden Systeme so gut wie nicht. Verlaufsfilter solltet ihr hingegen immer in einer Steckvariante kaufen. Denn diese lassen sich deutlich leichter auf den Horizont ausrichten als runde, aufschraubbare Filter.

Lange Belichtungen über mehrere Minuten

Extrem lange Belichtungszeiten benötigen extrem dunkle ND-Filter. Je dichter ein ND-Filter ist, desto weniger Licht lässt er hindurch – die Belichtungszeit verlängert sich also. So weit, so bekannt. Ab einem bestimmten Punkt kommen sogar so dunkle Gläser zum Einsatz, dass man mit bloßen Augen nicht mehr durchsehen kann. Hier spricht man von „Extremen NDs“ oder auch „Big Stoppern“. Sie ermöglichen problemlos, dass ihr Belichtungszeiten von 30 Sekunden bis mehreren Minuten erreicht. Das lohnt sich vor allem bei Gewässern, wenn jegliche Bewegung des Wassers geglättet werden soll. Allerdings ergeben sich dabei zwei Herausforderungen: Zum einen können die meisten Kameras nicht länger als 30 Sekunden belichten. Ihr müsst dann den »Bulb«-Modus verwenden. Der Verschluss eurer Kamera bleibt in dem Fall so lange geöffnet, wie ihr den Auslöser gedrückt halten. Alternativ gibt es Fernauslöser oder Fernauslöser-Apps der Kamerahersteller mit einem programmierbaren Timer. Die zweite Herausforderung besteht darin, die korrekte Belichtungszeit zu ermitteln. Dafür gibt es Tabellen und Apps, wie etwa den kostenfreien „Exposure Calculator“. Wenn ihr hier eure bisherigen Einstellungen und den gewünschten ND-Filter angeben, zeigt dieser die neue Belichtungszeit an.

Mit einer sehr langen Belichtung gelingen auch schöne Wolken-Schleier.

Bildideen für ND-Filter

Samtig weiche Schleier-Effekte

Unter Landschaftsfotografen ist es ein beliebtes Stilmittel, harte Wassertropfen auf einem Foto samtig weich darzustellen. Dazu benötigt ihr lediglich einen ND-Filter. Wie schon erklärt, lässt er weniger Licht ins Objektiv, wodurch ihr ohne Qualitätsverlust länger belichten könnt. Ihr baut an eurer Foto-Location einfach euer Stativ auf, wählt den passenden Bildausschnitt, stellt die ISO auf 100, wählt eine geschlossene Blende von f/11 oder f/16 und fokussiert anschließend. Wichtig ist hierbei, dass ihr den Filter zu diesem Zeitpunkt noch nicht aufgeschraubt habt. Je nachdem, wie dunkel das Glas ist, könnt ihr nämlich durch den Sucher nicht mehr genug sehen und auch der Autofokus trifft nicht mehr. Erst am Ende schraubt ihr den Filter auf.

Surreale Wasserlandschaft

Wasseroberflächen können oft banal wirken. Doch mithilfe einer sehr langen Belichtung verwandelt ihr sie in ein minimalistisches Kunstwerk wie dieses. Dazu kommen sehr dunkle ND-Filter zum Einsatz, mit deren Hilfe eine Belichtungszeit von mehreren Minuten erreicht wird.

Kunstvolle Architektur

Es gibt viele Ansätze, moderne Architektur zu fotografieren. Werbefotografen streben nach messerscharfen, klaren hellen Konturen, während künstlerische Konzepte mehr auf eine spannende Linienführung ausgerichtet sind. Das hier gezeigte Praxisbild setzt auf den einfachen, aber gerade bei Architektur- Motiven ausdrucksvollen Weg, mit Schwarzweiß zu arbeiten. Dabei kommt ein starker ND-Filter zum Einsatz, um die Wolken mit einer langen Belichtungszeit in samtweiche Schlieren zu verwandeln. Damit das Gebäude besonders imposant wirkt, wird die Kamera fast senkrecht nach oben gerichtet. Ein Weitwinkelobjektiv kann die Perspektive betonen und für stark konvergierende Linien sorgen. Moderne Architektur eignet sich dank klarer Konturen besonders gut für diese Technik, doch für eine überzeugende Wirkung gilt es, dabei Kameraposition und Aufnahmewinkel optimal auszuloten.